Umbau

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Alles ganz easy

Nach 2 Jahren West- und Südafrika, endlosen Pisten und insgesamt 60 000 Reisekilometern war es dann mal soweit, etwas an dem 80 PS-Motor zu ändern, der unsere 3,5 Tonnen-Karre zwar verlässlich durch die Gegend geschoben, aber auch so einiges an Leistung in Afrika eingebüßt hat.

Also sollte es ein Turbomotor aus einem Mercedes E290 werden. Kann ja nicht so schwer sein: alter Motor raus, neuer rein, Schlüssel drehen, losfahren. Sechs Monate müssten doch absolut ausreichen, um das anzugehen. Ist ja sicherlich auch nicht so schlimm, dass wir absolut keine Art von mechanischer Vorbildung haben.

Ich sage es mal so: der Motor war recht schnell drin, musste dann aus GRÜNDEN aber wieder raus (mehr dazu unten) und so haben wir halt doch angefangen, alles an der Karre zu überholen, inkl. Komplettlackierung. Das hat dann dreieinhalb Jahre gedauert. Geringfügig länger als sechs Monate.

Alles dauert immer mindestens vier mal so lange wie geplant. Und dann geht meist noch was schief.

– Alte Weisheit –

Wer Interesse an den jeweiligen Einzelheiten hat, kann hier gerne weiterlesen (das wird allerdings keine detaillierte Beschreibung), alle Anderen können sich ein Bild anschauen vom fertigen Produkt und dann den Rest des Blogs lesen.

Ja, es ist weiterhin Blau. Nein, es ist kein Raptor. Und nein, ich habe kein Foto aus derselben Perspektive.

Schnell einen neuen Motor einbauen

Die Zielstellung war klar. Es sollte nach der Reise ein neuer Motor in die Karre, für mehr Bumms. Also irgendwas mit Turbo. Es wurde dann ein OM602.982 (auch bekannt als DELA) aus einem Mercedes E290. Der gleiche Motor wurde auch in einigen G-Klassen, im Vario und in der ersten Sprinter-Reihe verbaut. 129 PS und wichtiger: 300 Nm Drehmoment (vs 150 Nm im Alten). Damit sollte es sich recht geschmeidig fahren lassen.

Und die ersten professionellen Startversuche erfolgten sogleich:

Joah, kann man wohl so einbauen.

Los gehts also. Es folgen ein paar Bilder des Chaos:

Der Motor war dann auch relativ schnell drin und bereit für einen ersten Testlauf – und den direkten Wiederausbau, den ich oben schon angesprochen hatte:

Um sicherzugehen, dass kein Hallendreck (von dem gab es eine Menge) im Ansaugtrakt landet, hatten wir einen schönen blauen Stofflappen in die Ansaugung gesteckt. Gute Idee, wenn der auch wieder entfernt wird, bevor der Motor startet. Ansonsten keine gute Idee. Außer man will gezwungen werden, den Zylinderkopf runterzunehmen/runternehmen zu lassen.

Ich habe den Lappen mal eingekreist:

Bremsen und Hinterachse

Während der Motor eine kleine Überholung erfuhr, was sich im Nachhinein auch gar nicht mal als dümmste Idee herausgestellt hat, hatten wir genug Zeit, ein paar andere Sachen zu machen: Bremsen hinten und vorne erneuern, Radlager hinten inkl. aller Dichtringe tauschen und was sonst noch so dazugehört.

Die vorderen Bremsen im vorher/nachher -Vergleich.

Die Kardanwellen wurden gewuchtet und die Blattfedern hinten aufgesprengt.

Turbozeug

Und irgendwann kam der Motor wieder (in Top-Zustand, ohne Lappen, danke Ole!) und konnte endlich eingebaut werden, zusammen mit dem alten 4-Gang-Automatikgetriebe. Dazu gab es einen Ladeluftkühler und einen 2,5 Zoll-Auspuff.

Dann kam der Moment der ersten Fahrversuche. Die Staubschicht auf der Scheibe verrät so einiges über den anfänglichen Zustand unserer Halle.

Fährt, zieht an, bremst, macht Sound ( bei dem Video noch ohne Auspuff) und qualmt nur ein wenig. Der Qualm hatte sich nach dem Einstellen der mechanischen Dieselpumpe dann auch erledigt und 15 Monate nachdem wir mit dem Umbau angefangen haben, gab es TÜV.

Getriebe

Könnte man ja eigentlich sagen, reicht jetzt, ist fertig. Aber nein! Da ist noch Luft nach oben! Das 4-Gang-Getriebe lief zwar ohne Probleme, aber dieser potentielle fünfte Gang wurde schon arg vermisst, jetzt da wir die Power hatten. Also ging es weiter. Gebrauchtes 5-Gang-Getriebe plus entsprechenden Steuerungscomputer (ofgear) geholt, Abtriebsflansch fertigen lassen und Getriebe gewechselt.

Um es kurz zu machen: der Getriebetausch war einfach, dann war eine Runde Basteln nötig, um den Schalthebel ordentlich schalten zu lassen. Aber alles machbar.

Federn

Nebenbei haben wir noch die Federn vorne neu gemacht, was sich zu einem monatelangen Nebenschauplatz entwickeln sollte. Insgesamt haben wir drei Federpakete ausprobiert, wovon das erste zu flach war, das zweite innerhalb von 100 Kilometern komplett eingesackt ist und das dritte einfach übertrieben hoch war (4 Lagen mit 210mm Pfeilmaß). Ich will gar nicht darüber reden, welchen Aufwand wir betrieben haben, um die 4-Lagen-Pakete überhaupt reinzubekommen, nur damit die Karre danach so hoch war, dass es nur noch lächerlich war. Sah geil aus, aber eigentlich nicht wirklich fahrbar. Zum Abschluss haben wir dann eine der vier Lagen wieder rausgenommen und das passt bisher sehr gut.

Rost

Naja, dann sind wir jetzt fertig oder? Klar, wenn man das Hauptproblem dieser Autos übersieht: Rost. Einiges war sichtbar (Hallo Scheibenrahmen), einiges gut versteckt und alles nervig. Der Scheibenrahmen und alles, was sich dahinter versteckt, war so durch, dass eigentlich nur eine Transplantation sinnvoll war. Von Mercedes gibts aber keine Originalbleche mehr, die Teile aus dem Zubehörhandel passen vorne und hinten nicht, und so ging die Suche nach einem gut erhaltenen Spender los.

Den fanden wir 400km von uns entfernt, in Form einer Doppelkabinen-Pritsche, die netterweise für uns soweit zusammengeschnitten wurde, dass wir die in einen geliehenen Polensprinter bekommen haben.

Und los ging die wilde Schweißfahrt. Der Dank geht auch wieder raus an Ole!

Der geschweißte Frankenstein sah auch schon recht geil aus.

Könnte man ja eigentlich so lassen. Aber nein! Es geht noch weiter.

Lackieren

Mittlerweile wars Februar 2024 und es ist natürlich die beste Idee, im Winter zu lackieren. Um diesen zeitlichen Fauxpas einigermaßen abzumildern, haben wir ein 40qm-Zelt in unserer Halle gebaut, um das dann mit einem 10kW-Heizer auf eine ordentliche Lackiertemperatur zu bekommen. Den Stromzähler hats gefreut, aber was willste machen. Irgendwas ist ja immer. Los gings mit den Vorbereitungen: Rostlöcher aufmachen, schleifen, schweißen, spachteln, schleifen, grundieren, schleifen, Teile und Halle saubermachen, abkleben.

Tja, und dann gabs Farbe! Ford Grabber Blue in Seidenmatt.

Die Karre nach nur vier Stunden Profiarbeit fertig lackiert zu sehen (Danke Jogi!) nach einem Monat Vorarbeit, war dann doch schon ne Nummer für sich. Der ganze mechanische Kram vorher erschien dagegen recht lächerlich vom Aufwand her. Damit der Rost so schnell nicht wiederkommt, haben wir noch alle Hohlräume versiegelt und Unterbodenschutz aufgebracht.

Und jetzt? Endlich fertig, oder? Unsere geplante Abreise irgenwann Juni 2024 rückte immer näher, aber nein, da war immer noch was zu tun.

Frontachse

Wir wollten vor der Reise die Radlager vorne neu machen und dabei dann auch gleich alles austauschen, was scheiße aussieht. Es kam ein bisschen was zum Vorschein. Natürlich auch unsere selbstgeschnitzte Gummidichtung aus Angola. Aber hey, gehalten hat sie!

Jetzt aber fertig oder? Zweiten Dieseltank dranbasteln? Irgendwann muss man mal aufhören und losfahren. Ist ja sonst sinnlos. Genau das haben wir dann gemacht und beim Hallenauszug (Danke Georg!) noch ein wenig aus dem Fenster geschaut.