
Türkei III – Leider Geil
23.09.2024 – 24.11.2024
Nach den Bergen kommen die Ballons! Da hat die Tourismusbehörde der Türkei ganze Arbeit geleistet, denn dieses Bild kennt irgendwie wohl jeder: Aberdutzende bunte Heißluftballons, schwebend über irgendwas Steinigem. Keine Ahnung wo genau, aber Türkei.
Und recht habt ihr! Irgendwie Türkei. Kappadokien, um genau zu sein.
Hier steigen jeden Morgen mehr als hundert Ballons in die Luft und das ist ein Schauspiel in dieser aus Tuffstein bestehenden Landschaft, für das es sich tatsächlich lohnt, vor Sonnenaufgang aufzustehen. Hätte ich nicht gedacht, aber der Anblick fetzt.
Das war so cool, dass wir uns das direkt fünf Tage lang angeguckt haben. Immer mal woanders im Tal, aber immer mit Ballons. Auch sonst ist die Ecke dort echt hübsch und wenn die Ballonfahrten vorbei sind, kann man schön herumspazieren oder -fahren oder sich das Geld in den umliegenden Touridörfern aus der Tasche ziehen lassen. Wer auf Kühlschrankmagnete, Elefantenhosen oder sonstigen KlimBim made-in-China steht, wird in Göreme auf jeden Fall glücklich. Alle anderen machen Sundowner aufm Hügel.
Wie oben schon angeschnitten, ist das hier DIE Touridestination der Türkei. Es scheint einen direkten Heißluftballontransfer aus Asien zu geben, weil gefühlt alle Ballons mit Leuten aus dieser Region gefüllt sind. Und auch die Türken selber lassen sich nicht lumpen und so werden hier am laufenden Band in aller Herrgottsfrühe inszenierte “Heirate-Mich”-Fotosessions durchgeführt. Ich habe das mal in einem Bild zusammengefasst. Nicht, dass noch jemand auf die Idee kommt, dass man hier alleine ist.
Genug Ballons würde ich mal sagen. Die Luftfahrten sind natürlich nur ein Grund hier anzuhalten. Wandern kann man hier auch ganz ausgezeichnet und wer Bock hat, kann sich die verschiedenen Unterkünfte anschauen, die die Leute hier vor Jahren in den Stein gehauen haben. War für uns aber nur so semi interessant.
Gen Osten
Wir verlassen Kappadokien und fahren in Richtung Euphrat.
Ja richtig, Euphrat und Tigris. Irgendwas mit Zweistromland. Hatten wir doch alle mal in der Schule. Der Tigris ist noch ein wenig weiter weg und Mesopotamien gibts nicht mehr, aber der Euphrat liegt auf dem Weg und die Byzantiner waren so nett, an einem besonders schönen Teil des Flusses die Festungsstadt Rumkale zu bauen.
Am nächsten Morgen dann die Erinnerung, dass wir nicht allein sind: Wie an jeder gut besuchten Sehenswürdigkeit in der Türkei, darf natürlich nicht die lokale Trötenmusik in ohrenbetäubender Lautstärke fehlen. Wie soll ich denn sonst eine Bootstour auf dem Euphrat genießen, wenn nicht die 9000 Watt Bassmachine das Beste der 80iger, 90iger und der heutigen Trötenmusik ausspeiht?
Keine Ahnung wie man das auf den Booten aushält, ohne sich in den Fluss zu stürzen, hoch oben auf den Klippen ist es schon massiv unangenehm. Ansonsten sehr schön dort.
Und während wir dort so rumsitzen am Vormittag, kommt natürlich auch der örtliche Dorfsuffi vorbei (Nein, nicht die mit den asketischen Tendenzen) und versucht es mit einer Unterhaltung. Ich nix Türkisch, er nix Deutsch oder Englisch. So weit so normal. Der örtliche Hirtenjunge, der dort oben sonst so abhängt und auf seine Schafe aufpasst, kommt zur Rettung mit Google Translate. Doch statt zu übersetzen, was der Suffi versucht zu erzählen, schreibt er nur “Schenken Sie diesem Trinker nicht zu viel Anerkennung”. Guter Junge, gutes Translate.
Er hat uns dann noch seine jüngstes Lamm zum Schlachten und Verzehr angeboten, was wir leider ablehnen mussten. Wir hatten schon gefrühstückt.
Ursprung der Zivilisation
Wir haben mal wieder keine Ahnung, wo wir als nächstes hinfahren. Irgendwie in Richtung Van oder Ararat, um von dort in den Iran einzureisen. Weiter südlich ist es wärmer als weiter nördlich (hier gibt es wieder Weisheiten für umme), also fahren wir in Richtung Urfa.
Stellt sich raus, dass die Stadt so etwas wie Jerusalem ist. Sie ist heilig für Juden, Christen und Moslems, weil der Legende nach Abraham hier in einer Höhle geboren wurde. Und von einem Reh gesäugt. Der Legende nach. Außerhalb religiöser Wahrnehmungen steht die Story allerdings auf recht tönernen Füßen. Aber hey, einen schönen Karpfenteich gibt es. Und wenn einem danach ist, kann man sich auch mit Kostümen aus tausend und einer Nacht verkleiden und Selfies machen. Fehlt eigentlich nur noch die 9000 Watt Bassmachine für eine richtige Sehenswürdigkeit.
Ansonsten ist die Gegend noch recht interessant, weil hier wohl mit Karahantepe die älteste Stätte des Zusammenlebens der Menschen gefunden wurde. Wie auch im Rest der Türkei scheint das mit dem Willen für Ausgrabungen lange nicht so richtig geklappt zu haben, aber in den letzten Jahren wurden dann doch mal ordentlich Steine weggeräumt. Und gefunden wurden: Penisse.
Hat sich nicht so viel geändert in den letzten 13 000 Jahren. Auch gut zu wissen.
Wer auf alte Steine steht, kann dann auch gleich weiter nach Dara fahren. Hier haben die Römer eine befestigte Stadt gegen die angrenzenden Sassaniden gebaut. Mit allem was so dazu gehört: Abwasser- und Frischwassersystem, Mausoleum und Stadtmauern. Heutzutage haben die Leute ihre Häuser einfach auf den Ruinen der römischen Stadt errichtet und man muss leider sagen, dass die Kanalisation vor 1500 Jahren besser war als heute.
Keine Reise ohne gezogene Waffe
Ungefähr hier ist uns dann doch mal aufgefallen, dass wir für den Iran ja ein Visum benötigen. Gibt es natürlich nicht an der Grenze. Auch nicht online. Musst du zu einer Botschaft. Die natürlich nicht auf dem Weg oder gar grenznah liegt, sondern 400 Kilometer nördlich. Gut, dass wir nicht laufen müssen.
Also ab nach Erzurum! Zwischenstopp in Mardin und Midjat. Ganz nette Altstadt in Mardin, Touriauflauf in Midyat. Naja, lag aufm Weg.
Da die Gegend Grenzregion mit Syrien ist und Kurdistan auch nicht so weit weg ist (was wohl eher das Problem darstellt), sind die örtlichen Jandarma definitiv weniger entspannt als im Rest der Türkei. Und wie das halt so ist, scheinen wir in solchen Gegenden immer die Spezialisten anzuziehen. Diesmal wurden wir mal nicht beschossen, dafür kam irgendwo hinter Mardin kurz nach Einbruch der Dunkelheit ein Auto der Jandarma an unserem Stellplatz in den Hügeln vorgefahren und es stiegen vier Leute direkt mit gezogener Pistole aus. Boah, nee oder? Irgendwas wurde auf türkisch gesagt, Pistole vor der Brust. Ich im besten Türkisch “Deutschland! Tourist!” gerufen. Pistole immer noch vor der Brust.
Zu diesem Zeitpunkt konnten sie allerdings schon einen Blick ins Auto werfen und es schien sich die Idee einzustellen, dass wir wahrscheinlich nicht dem Team “Terrorist” zuzurechnen sind. Nach Übergabe der Reisepässe und einem kurzen Gespräch über Funk wurde dann auch endlich mal die Pistole gesichert und runtergenommen. Google Translate hat dann den Rest erledigt. Irgendwas mit “schlechte Gegend, böse Leute”. Logisch, das Übliche. Aber gut, die türkischen Sicherheitsbehörden sind sowieso ne Story für sich.
Von Flüssen und Seen
Nächtliche Besuche außen vorgelassen, wir wollten ja eigentlich zur iranischen Botschaft in Erzurum.
Auf dem Weg dahin ging es an Hasankeyf vorbei. Noch nie gehört, ist aber einer der Orte, die für eins der unzähligen Staudammprojekte geflutet wurden. Wer auf Google Maps nach dem Ort sucht, wird Bilder präsentiert bekommen von Häusern und Aussichten, die heute alle unter Wasser begraben sind. Die Einwohner wiederum wurden in eine Retortenstadt auf der anderen Seite des angestauten Flusses umgesiedelt. Soweit so normal, so semi interessant.
Das Interessante ist allerdings, dass man noch an den uralten Teil von Hasankeyf rankommt, den sie gerade im Begriff sind, zur nächsten Touriattraktion umzubauen. Ich kann schon fast die Tröten hören.
Noch ist es aber nicht soweit und ich höre nur die Intro Musik von Game of Thrones.
Und hier noch ein Vorher/Nachher Bild:
Auf dem Weg nach Erzurum geht es am Van See vorbei. Mittlerweile ist es aber schon ein wenig kalt geworden und an Badengehen nicht zu denken. Dafür wollen wir zum Krater des Nemrut Sees fahren. Der liegt auf 2500 Metern und dort liegt schon Schnee. Ausgezeichnet. Unsere Reifen und Glätte sind immer eine gute Idee. Na schauen wir mal. Aber erstmal wieder Jandarma…
Diesmal haben sie eine Straßensperre kurz vor der Schneegrenze eingerichtet und erklären uns sehr freundlich, dass die Straße gesperrt sei, weil es vor ein paar Tagen eine Bärenattacke gegeben habe. Sehr gut, wegen der Bären sind wir ja hier.
Wir mussten nicht mal diskutieren und nach 30 Sekunden wurde uns überraschend die Straße geöffnet und mitgeteilt, dass wir 2 Stunden Zeit hätten, in den Krater und wieder raus zu fahren. Wer sich denken kann, wo die Story jetzt hingeht, kann sich ein Bier aufmachen.
Natürlich gehts in den Krater. Schön ist es dort. Keine Bären zu sehen. Sind wohl noch gut gesättigt.
Der Weg runter zum Kratersee war dann doch länger, weil schöner, als gedacht und so kam es, wie es kommen muss: die 2 Stunden waren um, aber wir noch beim Bildermachen auf dem Rückweg. Und wer kommt um die Ecke? Na klar, die Jandarma. Wollten uns suchen kommen. Sehr nett, vielen Dank. Alle lachen und es wird Tee angeboten.
Ararat – der Berg, nicht die Dönerbude
Zum Abschluss der Türkei und des wohl längsten Blogbeitrags aller Zeiten geht es noch zum Ararat.
Wenn man schon mal in der Gegend ist, kann man sich ja mal den Berg anschauen, der für so viele Dönerbuden in Deutschland namensgebend ist.
Schönes Ding.
Schnell mal noch die Dichtung der Einspritzpumpe auf dem Parkplatz gewechselt, weil dann doch zu viel Diesel rausgeflossen kam. Alkoholreste zur Feier des Tages ausgetrunken und weiter geht es in den Iran.
