
Iran II – Ein kleines Sandkorn
09.12.2024 – 22.12.2024
Beim letzten Mal ging es durch die Klassiker Irans: Berge im Norden und Städte mit blau-türkisen Moscheen weiter südlich.
Jetzt steht aber mal was wirklich Aufregendes auf dem Plan: Die Wüste Lut! Ich erspare euch mal das googlen: bla, bla, toteste und heißeste Wüste der Welt, in der nichts und niemand wohnt. So richtig weit weg von der nächsten Behausung und potentieller Rettung. Aber naja, wie das bei solchen Superlativen immer ist: ruhig mit die Pferde. Es ist definitiv nicht die heißeste Wüste der Welt. Und es leben zwar keine Nomaden oder sonstige Menschen dauerhaft dort, aber je nachdem, wo man ist, gibt es überraschend viele sichtbare Tracks. Scheint also öfter mal jemand vorbeizukommen. Ansonsten wird das ein ziemlich langer Laufweg, falls tatsächlich was mit dem Auto sein sollte. Ich glaube, bei uns waren es maximal 120 Kilometer von der nächsten Straße. Das läufst du nicht mehr. Wenigstens war es nicht so heiß.
Aber, ich greife vorweg. Jetzt ist erstmal Video Time. Da seht ihr sowieso schon alles. Diesmal keine Drohnenaufnahmen, dafür 90iger Jahre HeimVideo jetzt-halt-doch-mal-die-Kamera-still Vibes.
Aber zurück zur Erzählung…
Schnipp Schnapp
Bevor es in die Wüste geht, muss man sich nämlich erstmal das Handgelenk aufschneiden. Der Trick ist, die Pulsader knapp zu verfehlen und um alle Nerven und Sehnen herum zu schneiden. Ein frisches, scharfes Cuttermesser hilft dabei.
Beim nächsten Mal hilft es auch, das scheiß Elektrokabel mit dem richtigen Instrument abzuisolieren. Es gab nämlich einen zweiten Dieseltank für die Karre und die Pumpe musste angeschlossen werden.
Aber wie das halt so ist, war direkt ein hilfsbereiter Iraner zur Stelle, der zufällig Rettungssanitäter war und seine Kumpels mit der Ambulanz anrufen konnte. Die nächsten vier Stunden verbrachte er dann mit uns im Krankenhaus und im Bürokratielabyrinth, bis die Naht gesetzt war (Kosten: 15 Euro). Super Typ, hätte definitiv schlechter laufen können.
Die Wüste Lut
Aber wir wollten ja eigentlich in die Lut. Mit 10 funktionierenden Fingern, fünf davon im Verband, geht das ganz gut. Der zweite 100 Liter Dieseltank plus ein paar zusätzliche Kanister waren auch gern gesehene Gäste. Viel Sand ist gleich viel Saufi Saufi (Diesel). Und wie oben schon erwähnt, ohne Sprit liegen bleiben ist nicht nur ungünstig, sondern auch ziemlich dämlich.
Nun ja, 650 Kilometer Rundweg standen uns bevor. Über die Kaluten ins so-weit-du-gucken-kannst-Nichts und rüber zu den großen Dünen. Ich nehme es mal vorweg: Keiner musste laufen, und wir hatten genug Diesel. Der Rest war sehr sandig, unglaublich stürmisch und landschaftlich teilweise sehr surreal atomschlagig.
Ich spare mir mal die minutiöse Darstellung, weil wer will das schon lesen. Die Sicht hätte besser sein können. Der kleine Sandsturm bei den großen Dünen sorgte für ein ganz eigenes Schauspiel und der große Sandsturm sorgte für sandgestrahlte Achsen und Kühler an der Karre und für solche Verwehungen, dass wir den Track aus der Karte nicht gefunden haben und irgendeinen (ziemlich guten) Track gefahren sind, der in die ungefähre Richtung führte. Auf Sicht fahren war die Devise.
Aber geil wars!
Kalt ists
Wer sich das Datum oben im Beitrag anschaut, wird realisiert haben, dass es auch im Iran allmählich kalt wird. Uns treibt es also so schnell wie möglich nach Süden, runter von diesem Hochplateau. Aber nicht, ohne dass uns der Diesel ausflockt! Kann ja keiner ahnen, dass hier bei minus drei Grad immer noch Sommerdiesel ausgeschenkt wird. Dann kochen wir eben was Leckeres!

Nach zwei Stunden war dann auch der Diesel wieder lauffähig…
Hormuz
Endlich wieder warm! Wir sind in Bandar Abbas am persischen Golf und es wird wieder Benzin am Straßenrand von Kindern und alten Männern aus Plasteflaschen verkauft. Nicht, dass wir neuerdings Benzin tanken, aber irgendwie ist das seit Afrika ein schönes Symbol für eine etwas weniger geradlinige Ecke, in der man sich gerade befindet.
In Bandar Abbas wollen wir eigentlich nur die Fähre in die Vereinigten Arabischen Emirate nehmen. Doch vorher geht es noch auf eine Insel. So ganz ohne Karre. Dafür mit “Motorrad” und pennen auf dem Boden in irgend einer noch zu findenden Bude auf Hormuz. Leichte SüdOstAsien flashbacks von vor 20 Jahren setzen ein. Reisen wie zu Zeiten, als der Lonely Planet noch gut war. Heute aber mal mit Kopftuch.
Ansonsten wirkt hier alles sehr entspannt. Nicht, dass das Festland angespannt wäre, aber die Iraner, die hierher kommen, sind halt auch im Urlaub. Leute zelten an den Stränden in “einsamen” Buchten, an den Touri Hotspots wird dir ein Teppich an die Backe genäht und die omnipräsente Elefantenhose verkauft und nebenher versucht irgendwelche hässliche Elektromukke, aus unzähligen Bluetooth Boxen den Lärm von Jetskis auf dem Meer zu überdröhnen. Könnte überall auf der Welt sein.
Es gibt aber auch sehr schöne Orte:
Hormuz, gerne wieder! Für uns geht es nach dem einen Schiff auch schnell weiter auf das nächste: Die Fähre nach Sharjah, Vereinigte Arabische Emirate.
Der Ganze Zollbohei, der dafür erledigt werden muss, ist einen eigenen Artikel wert. Dazu bitte hier entlang zum Grenzartikel. Ich sage es mal so: Alles, was wir im Iran nicht für Diesel ausgegeben haben, (wir erinnern uns) ging auf jeden Fall für diese Fährüberquerung von gefühlten fünf Kilometern Luftlinie drauf.
Und sonst so?
Ach komm, zwei Bilder gehen noch zum Abschied.