
Bosnien-Herzegowina
21.06.2024 – 03.07.2024
Nach einem schnellen Ritt durch die EU geht es weiter nach Bosnien-Herzegowina. Ein Land mit drei Präsidenten (einer von der CSU …), drei unabhängigen Regionen, viel Geschichte und grandiosen Landschaften.
Wer am politischen Part interessiert ist, kann gern die Wikipedia lesen; für die grandiosen Landschaften könnt ihr hier bleiben.
Und falls hier jemand abspringt, bevor er oder sie diesen massiven Textklotz gelesen hat – ein Video.
Und für alle, die jetzt noch da sind, beschreibe ich nun jedes Videobild in überbordendem Detailreichtum. Ne, quatsch – geht schnell.
Into Bosnia
Wir kommen über den Norden Bosniens rein, hier ist die Landschaft noch nicht so eindrucksvoll (flach und von Feldern durchzogen, wie auch schon in den Ländern zuvor); sie ist eher von der Geschichte geprägt: Verlassene, zerfallene und zerschossene Häuserruinen sind immer wieder sichtbar.
Doch das ändert sich relativ schnell und wir sind in den Bergen rund um Travnik.
Herrlich! Hier kann man Waldwege entlangfahren, die in Deutschland als Wanderwege ausgewiesen wären, entlang der 1700 Meter hohen Bergklippen. Wer von den Klippen kein mulmiges Gefühl bekommt, der bekommt das dann bei den omnipräsenten Minenwarnschildern. Aufs Pilzesuchen sollte man hier als Touri eventuell verzichten.
Die Pilze kann man dafür entspannt im Supermarkt kaufen. Supermärkte, in denen auch im Jahr 2024 noch geraucht wird. Na gut, nicht direkt zwischen den Regalen, aber in den Cafés, die sich in denselben Räumlichkeiten befinden. Genauso wie der Kinderspielplatz.
Generell scheint hier jedermann und sein Hund zu rauchen. Auch die kleinen Dorfbars sind morgens um 11 Uhr schon gut besucht und die ersten Biere werden ausgeschenkt. Es ist doch recht sympathisch dieses Bosnien.
Und wem das von-den-Bergen-Runtergucken zu langweilig wird, kann schnell die Perspektive wechseln und auf die Berge raufgucken. Zum Beispiel von einem der unzähligen Stauseen Bosniens.
Fein war es dort! Bier trinken, in der Sonne rumsitzen, angeln (bzw. so tun) und noch ein Bier trinken. Könnte schlimmer sein.
Die Abfahrt von der Halbinsel gestaltete sich dann aber doch etwas schwieriger als gedacht: Während wir am See gefaulenzt haben, waren andere sehr fleißig und haben den einzigen Zugang zur Halbinsel mit einem Graben durchzogen. Sollte eine Wasserleitung rein. Was die Anwohner am anderen Ende des Grabens bestimmt gefreut hat, sorgte bei uns eher für Stirnrunzeln. Das Runzeln währte zum Glück nur kurz (nicht, dass das noch stehen bleibt), weil dann auch schon der Bautrupp um die Ecke kam. Nachdem wir alle ob der Situation kurz gelacht haben, haben wir uns darauf verständigt, dass die schnell ihr Rohr legen und den Graben zumindest auf ein paar Metern Breite wieder zumachen. Gesagt, getan, abgefahren.
Und damit es nicht heißt „ihr fahrt ja nur mit dem Auto durch die schöne Wanderlandschaft!!111!“, sind wir tatsächlich auch mal wohin gelaufen. So richtig mit Wanderschuhe anziehen und Wasserflasche mitnehmen. Kurz davor, die Jack Northskin Zip-on-Pants rauszuholen.
Hat sich auf jeden Fall gelohnt. Für Flachlandbewohner wie uns schon eine recht eindrucksvolle Landschaft.
Mostar
Durch die Berge ging es dann weiter bis Mostar. Während des Balkankrieges zu trauriger Berühmtheit gelangt, ist es heute Touri-Wonderland. Durch die paar Straßen Altstadt, die seit dem Krieg bis heute picobello restauriert wurden, schieben sich Menschenmassen aus aller Herren Länder, besuchen die bekannte Brücke, von der als Attraktion immer mal wieder Leute springen, kaufen hier einen Kühlschrankmagneten, dort ein Teeset (ich könnte schwören, die beziehen das alle aus derselben Made-in-China-Klitsche wie die Verkäufer in Marokko) und schwelgen in der Idee eines Orientdisneylands. Ist ganz nett, für uns gehts aber nach einem Rundgang und einem Teller Cevapcici wieder in ruhigere Gegenden.
In eine so ruhige Gegend, dass lange kaum jemand wusste, dass sie existiert: Titos Bunker! Wie man das als Staatsmann von Welt halt so macht, hat sich auch Jugoslawiens ehemaliger Präsident über einen Zeitraum von 25 Jahren einen schönen Bunker in die Berge gebaut. Für wenn Atomkrieg ist und man als letzter Mensch über ein kaputtgebombtes Land regieren möchte. Nu ja, steckste nicht drin.
„Entdeckt“ wurde der Bunker dann „offiziell“ in den 90ern und seit einiger Zeit gibt es dort Führungen und Kunstausstellungen. Ich habe mal ein paar Bilder von der Kunst gemacht (das Datum auf der letzten Installation bitte beachten).
Auch ganz große Kunst sind die Karren, mit denen die Einheimischen hier rumfahren. Ich glaube, fast jeder noch existierende Golf II ist in Bosnien unterwegs (Spoiler: Und Montenegro) und macht auch höhergelegt eine gute Figur.
Und wenn wir schon bei fremden Karren sind, gibt es gleich noch eine schöne fast-wäre-die-Reise-vorbei-Story:
In der Nähe der Hauptstadt gibt es einige Ruinen ehemaliger Anlagen der Winter Olympia 1984. Eine davon ist die Skiabfahrtsanlage südlich von Sarajevo. Diese thront 2000 Meter über Null und bietet eine schöne Aussicht. Hier kommt man auch recht einfach über eine kurvenreiche Schotterpiste mit dem Auto hoch. Oder man übernimmt sich und versucht zwischen den Serpentinen den kürzesten Weg (eine Gerade) zu nehmen.
Kann man machen, doch eventuell nicht nachdem es geregnet hat und das Gras schön nass ist. Es hilft auch am Berg, den Rückwärtsgang nicht mit dem Vorwärtsgang zu verwechseln. Ansonsten geht es halt in die andere Richtung:
In dem Moment sah das alles wesentlich dynamischer aus, als es in dem Video rüberkommt, aber so ist es ja immer. Nach der Nummer waren wir auf jeden Fall wach, genau so wie der Fahrer der schwarzen Karre.
Oben angekommen, gibt es dann die übliche Lost-Places-Romantik. Obwohl man hier nicht mehr wirklich von einem „vergessenen“ Ort reden kann, gehört er doch mittlerweile auf jeder Route eines Bosnienbesuchs dazu. Ist wohl auch größtenteils minenfrei.
Sarajevo
Vom Berg mit Blick auf Sarajevo ging es jetzt genau da hin. Wir hatten ziemlichen Bierdurst und hier gibt es ausgezeichnete Kneipen in einer wahrscheinlich einzigartigen Umgebung. Nach 8 Bier noch nen Honigschnaps auf Haus – optimal!
Ansonsten gibts in der Altstadt mal wieder viel Tourinippes zu kaufen, aber irgendwie ist es ganz nett hier. Könnte auch an den Getränken gelegen haben.
Wer nicht nur Bier trinken will, für den gibt es sonst auch noch viel alten, zerfallenen Kram anzuschauen in der Umgebung. Die ehemalige Bobbahn und das Observatorium gehören hier wohl ebenfalls zu den Klassikern. Ich war 2012 schon mal dort und es hat sich nicht wirklich viel geändert, außer, dass die Gegend drumherum mittlerweile touristisch erschlossen wird mit offiziellen Parkplätzen, gemachten Wegen und Fressbuden.
Und damit kommen wir langsam zum Ende unserer kleinen Bosnienrundfahrt. Aber einmal tauschen wir noch das Auto gegen die Wanderschuhe ein. Falls es noch nicht aufgefallen ist: Bosnien ist bergig und die Dinarischen Alpen steigen hier bis auf 2386 Meter. Dieser höchste Punkt, der Maglic, liegt direkt an der Grenze zu Montenegro und bietet damit Blicke in beide Länder.
Wir haben uns für den Aufstieg natürlich exzellentes Wetter rausgesucht und so ging es nach zwei durchregneten Tagen direkt morgens los durch einen jungen Tannenwald. Nach 500 Metern waren wir komplett durchnässt. Beste Voraussetzungen also für den eigentlichen Aufstieg. Der war für Leute mit Höhenangst auf jeden Fall eine spaßige Angelegenheit.
Es ging über eine Strecke von 4 Kilometern hoch und oben angekommen, hatten wir keinen Bock diesen rutschigen Mist wieder runterzuklettern. Der einzige andere Weg war nur geringfügig länger und so wurde aus einer 8-Kilometer-Wanderung eine 20-Kilometer-Wanderung. Naja, wenigstens hatten wir eine Wasserflasche mitgenommen.
Man könnte aber sagen, dass sich der extra Weg gelohnt hat.
Und damit können wir auch gleich ein Fazit zu Bosnien ziehen: Lohnt sich!